„Mach das, was dich glücklich macht“

Um sein großes Ziel zu erreichen, hat Ridle Baku auf vieles verzichtet. Der Verteidiger des VfL Wolfsburg lebt den Traum vom Profifußball und blickt über den Tellerrand. Kindern und Jugendlichen rät er, ihre Träume fest im Blick zu behalten.

TEXT: CHRISTIAN OTTO
FOTOGRAFIE / VIDEOGRAFIE: ROMAN PAWLOWSKI
29.03.2023

Sie sind einer der fittesten und lauffreudigsten Bundesligaspieler. Wie schafft man das?
Wir sind als Mannschaft extrem laufstark und das lauffreudigste Team der Liga. Dazu trage ich mit vielen Sprints bei. Aber ich möchte mich nicht hervorheben. Und es gibt kein Geheimrezept. Ich bin Athlet durch und durch und achte auf meine Ernährung. Außerdem macht die Athletikabteilung des VfL Wolfsburg einen richtig guten Job.

Wie fühlt es sich an, als Profifußballer immer im Rampenlicht und unter Druck zu stehen?

Wenn du Woche für Woche Leistung bringen musst, ist eine gewisse Balance wichtig. Im Privatleben mag ich es, zu Hause zu sein, abzuschalten und Zeit mit der Familie sowie Freunden zu verbringen. Das ist für mich das Wichtigste, um die Seele baumeln zu lassen.

Sie gelten als ruhiger, ausgeglichener Typ. Wie passt das zur lauten Branche Profifußball?

Auf dem Platz setze ich meine Ellbogen ein. Da gibt es wenig Freundschaften. Nach dem Spiel und neben dem Platz muss ich nicht im Mittelpunkt stehen. Dafür bin ich nicht der Typ. Als Fußballer möchte ich bestmöglich meine Arbeit ausüben. Alles andere ist für mich unwichtig.

Abseits des Fußballs entspannen Sie gerne, indem Sie daheim singen. Wer darf das hören?
Meine Freundin. Wir haben das PlayStation-Spiel SingStar. Ab und zu nehme ich dazu das Mikrofon in die Hand. Aber nur zu Hause. Und keine deutschen Schlager, sondern eher Hip-Hop von Chris Brown oder französischer Rap.

Wolfsburg wird bundesweit sofort mit Volkswagen und der Autostadt in Verbindung gebracht. Was fasziniert Sie an der Stadt?

„Arbeit, Fußball, Leidenschaft“: Der Leitslogan des VfL Wolfsburg passt super. Das wollen die Leute hier sehen. Das charakterisiert uns als Mannschaft. Wenn wir in Wolfsburg erfolgreich waren, ging es immer über das kollektiv. Die Belegschaft im Volkswagen-Werk repräsentiert auch diese Art von Zusammenarbeit.

Ihr Zwillingsbruder Makana ist Ihr engster Berater. Wobei hilft er am meisten?
Wir haben alles zusammen erlebt. In der Schule, im Fußballverein. Er spielt bei Legia Warschau, auch als Profi. Das ist schon ein Vorteil, wenn du mit deinem Bruder auf der gleichen Wellenlänge im gleichen Beruf bist. Wir reden über alles. Neid gibt es zwischen uns nicht.

Sie geben zu, keinen Plan B zum Profifußball geschmiedet zu haben. Ist das naiv oder richtig?
Ich habe mich erst für Schule und dann ganz für Fußball entschieden. Das Wichtigste war, dass ich wusste, was ich wollte und es zu 100 Prozent durchgezogen habe. Meinen Kindern würde ich empfehlen: erst die Schule, dann Fußball. Man weiß im Profisport nie, was morgen ist. Falls ich mir das Bein brechen sollte, ist ein zweites Standbein wichtig.

Vom Talent zum Profi bis in die deutsche Nationalmannschaft: Haben Sie diesen Weg ohne konkreten Karriereplan erreicht?

Einen echten Karriereplan gab es nicht. Ich hatte auch Glück, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Für mein großes Ziel, Profifußballer zu werden, habe ich alles getan. Als meine Freunde damals abends in den Club gegangen sind, habe ich mit meinem Vater im Garten das Passspiel geübt. Ein solcher Verzicht ist in dem Moment sehr bitter. Das hat im Alter von 15, 16 Jahren wehgetan. Ich habe damals viele Freunde verloren.

Kann man den Beruf Profifußball, in dem es vielleicht einer unter tausend schafft, jungen Menschen empfehlen?

Mein Glück war, dass mein Vater, mein Zwillingsbruder und mein älterer Bruder alle Fußball gespielt haben. Ich kann nur jedem empfehlen: Mach‘ das, was dich glücklich macht. Jedes Kind hat Träume. Es muss nicht Fußball, sondern kann irgendetwas Anderes sein. Wenn du das ausüben kannst, was du gerne möchtest, hast du es auch schon geschafft.

Sie unterstützten die Initiative „Fußball trifft Kultur“ und die Kinderhilfsorganisation „World Vision“. Warum ist Ihnen gesellschaftliches Engagement wichtig?

Weil ich etwas zurückgeben will. Als „Fußball trifft Kultur“-Botschafter kümmere ich mich um Kinder, die zu Hause benachteiligt sind. Die fragen mich, wie ich früher persönliche Tiefs gemeistert habe. Ich gebe ihnen mit, dass man sich durchsetzen muss im Leben.

Sie haben im Rahmen von „World Vision“ 2022 mit der Demokratischen Republik Kongo das Heimatland Ihrer Eltern besucht. Was hat Sie bewegt?

Wir helfen zusammen mit „World Vision“, dass rund 2.000 Kinder, vor allem Mädchen, sicheren Zugang zu Bildung bekommen. Ich möchte da auf jeden Fall weitermachen. Wir Spieler meckern, wenn wir im Hotelzimmer kein gutes WLAN haben. Die Menschen in Afrika haben ganz andere Sorgen. Wer das vor Ort miterlebt hat, weiß sein eigenes Leben ganz anders zu schätzen.

„Für mein großes Ziel, Profifußballer zu werden, habe ich alles getan. Als meine Freunde damals abends in den Club gegangen sind, habe ich mit meinem Vater im Garten das Passspiel geübt.“

Ridle Baku

Zur Person

Sein Name beinhaltet deutsche Fußball-Historie. Ridle Baku ist von seinem Vater nach dem früheren Nationalspieler Karl-Heinz Riedle benannt worden. Diesen Rufnamen hat sich Bote Nzuzi Baku auch tatsächlich in seinen Personalausweis eintragen lassen. Einen Namen als Profi hat sich Ridle Baku erst bei Mainz 05 und seit 2020 beim VfL Wolfsburg gemacht. Dem 24-Jährigen gelang auch schon den Sprung in die deutsche Nationalmannschaft.