Fair Play für die Natur
Der VfL Wolfsburg jagt Siege, Titel und Mikroplastik. Innovative Filter leisten dem auf Nachhaltigkeit bedachten Fußballverein wertvolle Hilfe. Sie schützen am Kunstrasenplatz, in der Waschküche und bei der Abluft die Umwelt.
Nico Briskorn öffnet vom Parkplatz aus eine schwere Metalltür. Wir betreten für unsere Führung einen Bereich des Profifußballs, der für die Öffentlichkeit eigentlich tabu ist. Sie beginnt hinter dem eleganten Funktionsgebäude namens VfL-Center. „Hier wird etwas Unsichtbares sichtbar“, erklärt unser Gastgeber. Als Leiter Corporate Social Responsibility (CSR) darf er beim VfL Wolfsburg nahezu jede Tür öffnen und alles hinterfragen. Das gilt auch für die Waschküche gleich neben dem Schuhraum. Jeweils drei große Waschmaschinen und Trockner laufen im Dauerbetrieb und sind Teil eines VfL-Pilotprojekts, das Mikroplastikpartikel jagt und die Umwelt schützt.
Den schweißtreibenden Trainingseinheiten auf dem Rasen folgt hinter den Kulissen ein anderer wichtiger Job. Mit Hilfe leistungsfähiger Waschmaschinen und Trockner werden benutzte Trikots, Hosen, Stutzen, Trainingsanzüge und Handtücher wieder salonfähig. Die Spieler des Bundesligisten sowie der Trainer- und Betreuerstab bescheren der Waschküche körbeweise Arbeit. Und wie in jedem normalen Haushalt fallen beim Waschen und Trocknen durch den Abrieb der Textilien gesundheitsgefährdende Mikroplastikpartikel an. Beim VfL Wolfsburg sind extrem feine Filter in der Waschküche installiert. Sie leisten eine wichtige Abwehrarbeit und sorgen dafür, dass rund 90 Prozent des freigesetzten Mikroplastik nicht ins Abwasser gelangen.
Seit mehr als einem Jahrzehnt geht Nico Briskorn im Auftrag des Vfl Wolfsburg der Frage nach, welche Beiträge der Fußball-Bundesligist zum Umweltschutz leisten kann. „Nachhaltigkeit ist ein fester Bestandteil unserer Strategie und Markenwerte. Wir haben bei dem Thema früh Verantwortung übernommen“, erklärt der CSR-Experte. Für Impulse von außen ist der Verein immer offen. Das Berliner Start-up-Unternehmen GUPPYFRIEND hatte dem VfL Wolfsburg ein wichtiges Fair Play für die Natur vorgeschlagen und für mehrere Bereiche des Vereins Lösungen entwickelt, die nachhaltig wirken.
Der VfL Wolfsburg ist mehr als ein prominenter Sportverein. Rund um den Profibetrieb hat sich ein Unternehmen mit nationaler und internationaler Wirkung entwickelt. Der Fußball transportiert Nähe und bringt Menschen zusammen. Auf einen Bundesliga-Klub wie den VfL sind viele Blicke gerichtet. Die Geschäftsführung des VfL Wolfsburg hat früh beschlossen, im Zusammenspiel mit Fachabteilungen, Partnern, Dienstleistern und Zuschauern so nachhaltig wie möglich zu handeln. Die Rasenplätze des Vereins werden mit Wasser aus dem Wolfsburger Mittellandkanal gepflegt. Das sparte in der Saison 2021/22 knapp 17 Millionen Liter Trinkwasser ein. Und dank der Umstellung auf Ökostrom gelingt bereits seit 2011 eine jährliche Vermeidung von mehr als 1.000 Tonnen CO₂-Emissionen. Der VFL ist auch der erste Bundesligist, der seine Flutlichter in Stadion und Trainingsplätzen auf LEDs umstellt. Diese und viele weitere Maßnahmen haben Signalwirkung. Auf andere Vereine, Sportarten und Unternehmen. Auf Kommunen, Schulen und Verbände. Und natürlich auf die Menschen, die den Fußball im Allgemeinen und den VfL Wolfsburg im Besonderen lieben.
Seit 2012 veröffentlicht der VfL Wolfsburg regelmäßig einen Nachhaltigkeitsbericht. Sein selbstkritisches Hinterfragen und ambitioniertes Optimieren erfolgt schon deutlich länger, als es die Nachhaltigkeitsrichtlinien der Deutschen Fußball Liga (DFL) gibt. Als Dachverband fordert die DFL alle Profivereine der 1. und 2. Bundesliga im Rahmen ihrer Lizenzierungsverfahren auf, sich zum Thema Nachhaltigkeit zu bekennen. Niko Briskorn und seine CSR-Abteilung sind in diesem Zusammenhang schon seit Jahren viele Schritte voraus. „Im Zuge unserer Partnerschaften und Netzwerke treiben wird das Thema Nachhaltigkeit kontinuierlich“, erklärt Briskorn. „Auch die Autostadt ist in diesem Zusammenhang ein wichtiger Partner für uns, mit dem wir uns regelmäßig zu Umweltfragen austauschen.“ Den nachbarschaftlichen Dialog mit der Autostadt etwa über Umweltmanagementsysteme und Mobilitätskonzepte stuft er als äußerst wertvoll ein.
Wer sich wie der VfL Wolfsburg konsequent mit Nachhaltigkeit beschäftigt, übt sich auch in Selbstreflexion. Mikroplastik wird nicht nur in den Waschküchen freigesetzt. Auch Kunstrasenplätze belasten die Umwelt. Durch die Spieler, deren Kleidung und den Regen wird ein Teil des Granulates vom Platz getragen. Dafür hat der VFL Wolfsburg mit der Technologie von GUPPYFRIEND eine Lösung gefunden. „Wir haben als Ergänzung zu den bisherigen Sauberlaufzonen drei verschiedene Filtervarianten installiert“, erklärt Alexander Nolte, Mitbegründer und Co-Geschäftsführer von GUPPYFRIEND. Insgesamt 38 Filter kommen – je nach Ablaufart in unterschiedlichen Größen – am Kunstrasenplatz des VfL Wolfsburg zum Einsatz. Sie werden vom geschulten Platzwart regelmäßig gereinigt. Das so aufgefangene Granulat kann wiederverwendet werden. Das gefilterte Mikroplastik wird gesammelt und entsorgt.
Das Tückische an Mikroplastikpartikeln ist: Sie werden erst in größeren, angesammelten Mengen sichtbar. Letzteres gelingt dem VfL Wolfsburg rund um seinen Kunstrasenplatz des Nachwuchsleistungszentrums, in der Waschküche für das Profimännerteam und im Dachgeschoss des VfL-Centers. Dort wird die über mehrere Stockwerke verteilte Haustechnik zusammengeführt. Auch die Abluftrohre sind mit speziellen Filtern bestückt, um Mikroplastik auf dem Weg in die Umwelt zu stoppen. Die Filter lassen sich leicht entfernen, reinigen und wieder einsetzen. Die von ihnen aufgefangenen Flusen, Fasern und Partikel machen aus etwas Abstraktem, das das menschliche Auge in kleinen Mengen nicht wahrnehmen kann, etwas Konkretes. Seit Projektbeginn wurden auf diesem Weg bereits mehr als 500 Kilogramm Mikroplastik durch die Filter eingefangen.
Von der Waschküche über die Rasenheizung bis zur Reiseplanung der Profimannschaft: In der Rolle des CSR-Experten bleibt Nico Briskorn beim VfL Wolfsburg ein hartnäckiger Hinterfrager. Er versteht sich als Berater des Vereins und leistet kontinuierliche Überzeugungsarbeit. Die Zusammenarbeit mit GUPPYFRIEND und den verschiedenen Filterlösungen ist als Pilotprojekt mit offenem Ende angelegt. „Das Thema Nachhaltigkeit wird uns alle lebenslang begleiten und lässt sich zeitlich nicht eingrenzen. Wer wie wir ein Umdenken in der Gesellschaft erreichen will, muss dauerhaft Gutes tun und als Vorbild vorangehen“, findet Briskorn. Mit dem „Race To Zero“ hat sich der VfL Wolfsburg ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Durch Reduktion und Kompensation will der Verein bis 2025 klimaneutral handeln und mit Blick auf hauseigene CO₂-Emissionen eine Netto-Null-Bilanz erreichen.
Nico Briskorn
Seit mehr als 20 Jahren im Verein, seit mehr als einem Jahrzehnt beim Thema CSR am Ball: Nico Briskorn hat nach seinem Sportmanagement-Studium und unterschiedlichen Aufgaben beim VfL Wolfsburg das Thema Nachhaltigkeit für sich entdeckt. Der Vater von zwei Jungs kämpft für eine Zukunft mit weniger Umweltbelastung. Und als Nachhaltigkeitsmanager ist er Überzeugungstäter. Beim VfL Wolfsburg führt der 46-Jährige mittlerweile ein komplettes CSR-Team mit sechs Festangestellten. „Wir liefern Ideen und Impulse für die Transformation unseres Vereins“, sagt Briskorn.