Die „Wolfsburger“ rollen an

Seit einem Jahr nun hat die Bäckerei „Das Brot.“ ein neues Produkt im Sortiment. Es ist ein perfekt portionierter, kugelrunder Appetithappen, herzhaft oder süß, gedacht für den kleinen Hunger. Gemeinsam mit erfahrenen Bäckermeistern haben ihn vier Auszubildende der Autostadt entwickelt.

TEXT: GABRIELE GUGETZER
FOTOGRAFIE: HENRIK HEUTGENS
08.12.2022

Ein dreiviertel Jahr lang tüftelten vier Auszubildende an einer besonderen Aufgabe: sie sollten auf Wunsch der Geschäftsführung ein neues Produkt mit Kultpotenzial entwickeln, ein echtes „Must-Have“ – und zwar ein Kulinarisches.

Brainstorming ohne Grenzen

Die Details blieben den vier Auszubildenden überlassen, die bei ihrem monatlichen Azubitreff von diesem Aufruf hörten. Sie hatten beruflich bislang nichts mit Kulinarik zu tun, dennoch schlossen sie sich sofort zusammen und begannen gemeinsam mit erfahrenen Projektpaten mit der Arbeit. Bei den Brainstormings legten sie sich keinerlei Beschränkungen auf. Denn „für ein Kultprodukt muss man außergewöhnliche Wege gehen“, erklärt der mittlerweile duale Student Jonas Altmann.

Auf die Eigenschaften „regional, saisonal, gesundes Getreide, Kugelform“ einigte man sich schnell, denn hier liegt viel Potenzial. Ein rein veganes Gebäck, ebenfalls im Trend, wollten sie jedoch nicht. „Ich esse selbst zwar kein Fleisch, keinen Fisch und keine Milchprodukte“, sagt die 22-jährige Melissa Jaedike. „Aber unser Produkt sollte eine breite Zielgruppe ansprechen.“ Als sie ihre ersten Ideen in der Geschäftsführung präsentierten, gab es ein Go.

35 Gramm pure Leckerei

Die Feinarbeit begann – mit der Suche nach geeigneten Backformen. In der Konditorei der Autostadt entdeckten die Auszubildenden ein Waffeleisen, das eigentlich für Cake-Pops gedacht ist und sich perfekt eignete. Nun ging es gemeinsam mit den Bäckermeistern ans Backen.

Versuche mit einer ursprünglich angedachten geschichteten Füllung schlugen fehl. Beim Dinkelmehl für den fluffigen Teig blieb es jedoch, auch die Aromen waren bald gefunden. Nach acht bis zehn Versuchen hatten sie die ebenso magische wie simple Formel gefunden: 35 Gramm pro Wolfsburger, gebacken für vier Minuten und 30 Sekunden – dann werden die gut in der Hand zu haltenden Bällchen fluffig und bekommen eine geriffelte Oberfläche, die für Röstaromen und zusätzlichen Geschmack sorgt.

Verkostung auf der Piazza

Eine spontane Verkostung auf der Piazza zeigte, dass das Brotkonfekt bei Groß und Klein sehr gut ankam.

Danach wurde ein Business-Case erstellt, der die Wirtschaftlichkeit prüfte. Fragen nach den Zielgruppen, dem Preis, den die Kunden zu zahlen bereit sind, den Personalkosten bei der Zubereitung und natürlich auch den Marketingkosten für die Einführung des neuen Produkts flossen in die Kalkulation ein. Gut für das Auszubildenden-Team, das dadurch hautnah miterleben konnte, wie in der Autostadt eine Markteinführung funktioniert und sämtliche Schritte bis zum Verkaufsstart begleiten konnte. Ihre Mitschülerinnen und Mitschüler aus der Berufsschule konnten nur staunen.

Heimatgefühle zum Hineinbeißen

Aber wie kam es eigentlich zum Namen „Wolfsburger“? „Berlin hat seine Berliner, Lübeck das Marzipan. Wir wollten etwas, das den Namen unserer Heimatstadt trägt“, sagt die 23-jährige Sophie Scheja. Auch wenn der Wolfsburger regional ist, darf ein bisschen Fernweh mitschwingen, findet der 22-jährige Jannik Lemke, der Kaufmann für Marketingkommunikation lernt und selbst gerne kocht und backt. „Mein Favorit ist die Variante mit Olive. Ein Biss – und ich bin gedanklich in Spanien.“

Man merkt es schon: Die Begeisterung für ihre Aufgabe als Produktentwickler und für ihr selbstgewähltes Thema musste den Auszubildenden nicht erst vermittelt werden. Das Projekt ist übrigens mit der Markteinführung längst nicht abgeschlossen. Nach zwei Monaten wurde überprüft, ob die Wolfsburger den Business-Case erfüllen. Aber schon seit dem Verkaufsstart war spürbar, mit welcher Freude das Team an seine Aufgabe herangegangen ist. Man könne nur erfolgreich sein, wenn man Freude an einer Sache hat und von ihr überzeugt ist, sagen sie. Und das sind die Vier.

„Mein Favorit ist die Variante mit Olive. Ein Biss – und ich bin gedanklich in Spanien.“

Jannik Lemke, Azubi und Miterfinder des „Wolfsburgers“

Den Wolfsburger gibt es im Das Brot. derzeit in vier Sorten zu kaufen: Schokolade, Apfel-Zimt, Olive und Tomate. In Zukunft sollen weitere saisonale Sorten entwickelt werden. Der Clou dabei: Die Kundinnen und Kunden von „Das Brot.“ können sich per „Feedback-Karte“ sogar neue Sorten wünschen.