75 Jahre Porsche: Wie alles begann

Er steht für Design, Erfindungsgeist und Durchhaltevermögen: Der Porsche 356 Nr. 1 Roadster feiert seinen 75. Geburtstag – und fasziniert Sportwagenliebhaber bis heute. Eine Geschichte von Träumen, die wahr werden.

AUTOR: FELIX ENZIAN
FOTOS: PORSCHE AG, ALAMY STOCK FOTO/MOTORING PICTURE LIBRARY, AUTOSTADT
DATUM: 18.07.2023

„Am Anfang schaute ich mich um, konnte aber den Wagen, von dem ich träumte, nicht finden. Also beschloss ich, ihn mir selbst zu bauen.“

Dieses berühmte Zitat von Ferdinand „Ferry“ Porsche markiert die Geburtsstunde eines Fahrzeuges, das den Lauf der Erfolgsgeschichte des Stuttgarter Familienunternehmens maßgeblich beeinflussen sollte. Ferry Porsche folgte seiner inneren Eingebung und baute das von ihm erträumte Fahrzeug, ganz nach seiner Vorstellung und mit der Unterstützung seines berühmten Vaters Ferdinand Porsche.

Im Jahr 1948 war es dann so weit: Der Porsche 356 Nr. 1 Roadster mit der legendären Fahrgestellnummer 356-001 bekam die Zulassung für die Straße. Das Fahrzeug war das erste unter dem Namen Porsche gebaute Automobil und eine große Bestätigung für Ferry Porsche. Er hatte sich mit dem Typ 356 nicht nur seinen Traum vom sportlichen Fahren verwirklicht, sondern auch den Grundstein für den Aufstieg von Porsche zu einer der erfolgreichsten Sportwagenmarken der Welt gelegt.

Die Anfänge

Sanft geschwungene Kurven treffen auf einen sportlichen Appeal: Bis heute steht das Design des ersten Roadsters für Schnelligkeit, Fahrspaß und Aerodynamik. Verantwortlich für das Design zeichnete Erwin Komenda, seinerzeit Leiter der Karosseriebauabteilung bei Porsche, der schon den Look des VW Käfer maßgeblich geprägt hatte. Das Fahrwerk selbst war ein gefertigter Stahl-Gitterrohrrahmen mit Vorder- und Hinterachse des Käfer. Auf dieses Gerüst ließ Ferry Porsche dann die selbst entworfene Karosserie aus Aluminiumblechen montieren.

Das Ergebnis war beeindruckend, es gab nur ein Problem: Die Nachkriegsjahre waren geprägt von einer eher zurückhaltenden Stimmung. Die Verwüstungen des zweiten Weltkriegs waren noch allgegenwärtig, die Bevölkerung verarmt. Ein Sportwagen in einer Zeit des Mangels – wer sollte den kaufen?

Die Lösung lieferten zwei Schweizer Unternehmer, die an die Marktchancen des Roadsters glaubten. Rupprecht von Senger und Bernhard Blank beauftragen im Jahr 1948 eine Produktion von 50 Modellen des Porsche 356. Gebaut wurden sie im im österreichischen Gmünd, verkauft werden sollten die Modelle in der vom Krieg verschont gebliebenen Schweiz. Außerdem unterstützte Rupprecht von Senger die Fertigung, indem er über die Schweiz Ersatzteile, Reifen und Leichtmetallbleche organisierte und nach Österreich lieferte.

Mit seinem auf 26 kW/35 PS frisierten Volkswagen Motor feierte der Porsche Nr. 1 seine Pressevorstellung am 4. Juli 1948 vor dem Grand Prix der Schweiz in Bern. Drei Tage später erschien in der Automobil Revue, einer Schweizer Automobilzeitschrift und der ältesten Autofachzeitschrift Europas, der erste Pressebericht über den „jüngsten Spross eines großen Namens“. Das erste Mal vor großem Publikum präsentierte sich der Porsche 356, dann schon als geschlossenes Coupé, auf dem Genfer Salon 1949.

Siegreiche Rennhistorie

Bereits wenige Tage nach der Pressevorstellung 1948 in Bern gewann der Porsche Nr. 1 in Innsbruck sein erstes Rundstreckenrennen. Dem 585 Kilogramm leichten Mittelmotor-Roadster genügte der frisierte Volkswagen Boxermotor, um weitaus stärkere Rivalen zu schlagen. Nach diesem erfolgreichen Startschuss gab es für den bis dahin noch recht unbekannten Sportwagen kein Halten mehr. Der Porsche 356 bestritt erfolgreich unter anderem das 24-Stunden-Rennen von Le Mans ebenso wie die Mille Miglia, Targa Florio oder die Carrera Panamericana.

In Serie gebaut

Die Erfolgsgeschichte des ersten Roadsters endete jedoch noch lange nicht:

Auf Grundlage der berühmten Nummer 1 ging der Porsche 356 sogar als erstes Modell aus dem Hause Porsche in Serie – allerdings mit geänderten Rahmen und einem Heckmotor statt des ursprünglichen Mittelmotorkonzeptes. Das überarbeitete Serienmodell hatte zwischen 1,1 und 1,5 Liter Hubraum und leistete zwischen 40 und 70 PS.

Der Porsche 356 wurde von 1948 bis 1965 in vier verschiedenen Grundmodellen jeweils als Coupé und Cabrio (Urmodell, A-Modell, B-Modell, C-Modell) gebaut. Für die Konstruktion wurden viele Serienteile des VW Käfer verwendet.

Während der Produktionszeit verbesserte Porsche den Typ 356 immer weiter, behielt aber typische Merkmale wie die für Porsche patentierte und vom VW Käfer bekannte vordere Kurbellenkerachse sowie die an Längsschubstreben geführte hintere Pendelachse mit Drehstabfedern bei. Die Motoren basierten zwar immer auf dem VW-Original, wurden aber stetig weiterentwickelt.

Im April 1965 endete die Produktion der Baureihe 356 nach insgesamt 76.302 gebauten Wagen. Zu bestaunen gibt es den Klassiker aber immer noch – zum Beispiel im ZeitHaus, dem markenübergreifenden Automuseum der Autostadt. Ein Porsche 356 von 1952 mit geteilter Frontscheibe ergänzt hier die Sammlung.

Technische Daten

Baujahr 1948
Motor 4-Zyl. Boxer
Hubraum 1131 ccm
Leistung 26kW (35 PS)
Höchstgeschwindigkeit 135 km/h
Diese Karosserie hat einen Luftwiderstandsbeiwert von 0,462.