Das Beutler „Spezial-Cabriolet“ – ein Auto mit zwei Geburtsjahren
In der ersten Ausgabe dieser Serie porträtieren wir ein Unikat aus Schweizer Herstellung und den Weg, über den das charmante Cabriolet aus den 50er Jahren seine neue Heimat in der Autostadt gefunden hat.
Die Schweiz ist für viele Produkte weltberühmt. Im Automobilbereich haben Firmen aus der Schweiz aber hauptsächlich in der Landwirtschaftssparte einen Namen. Dennoch gab es in der Vergangenheit auch zahlreiche eidgenössische Tüftler und Betriebe, die an Autos gearbeitet haben. So zum Beispiel die Firma der Gebrüder Beutler. Ernst und Fritz Beutler stellten in ihrer kleinen Fabrik ab 1943 handgefertigte Karosserien her, die sie auf die Fahrgestelle größerer Automobilproduzenten aufbauten.
Als Unikate oder Kleinstserien entstanden durch dieses Verfahren teils ungewöhnliche Konstruktionen, wie ein Hotel-Bus, der aus einem verlängerten Rolls-Royce Fahrgestell gebaut wurde, oder ein Pickup auf Basis eines Volkswagen Käfers. Einen Namen machte sich Beutler allerdings vor allem mit Cabriolets. Darunter auch drei „Spezial-Cabriolets“, die auf Fahrgestellen von Volkswagen basierten. Das erste davon wurde im März 1954 beim Genfer Autosalon vorgestellt und mit der Auszeichnung „La Rose d`Or“ (Goldene Rose) prämiert.
Doch warum trägt das Cabriolet das Jahr 1953 auf seinem Nummernschild? Das liegt an der besonderen Bauweise der Firma Beutler. Wie oben erwähnt, bezog Beutler die Fahrgestelle für seine Produktionen von anderen Automobilherstellern. Der Volkswagen Unterbau für dieses Cabriolet wurde im Dezember 1953 gebaut und in die Schweiz geliefert. Die Handarbeit zur Fertigstellung dauerte aber noch bis in das Jahr 1954 hinein. Über das wahre Alter des Spezial-Cabriolets lässt sich daher streiten.
Einen Monat nach seiner Vorstellung wurde das Cabriolet von einer jungen Frau aus einer Industriellen-Familie im schweizerischen Eichberg erworben, für 15.950 Franken (was einem heutigen Wert von ca. 46.550 Euro entspricht). Nach fünf Jahren und 35.000 gefahrenen Kilometern zog das Spezial-Cabriolet mit einem neuen Besitzer nach Meiringen im Kanton Bern. Dort wurde es 44 Jahre lang liebevoll gepflegt und 2003 von einem Sammler historischer Fahrzeuge im Raum Großhöchstetten erworben.
Vier Jahre später fand das Cabriolet sein Zuhause im Zeithaus der Autostadt. Die Oldtimer-Experten waren vom guten Zustand des handgefertigten Unikats begeistert. Der „Beutler“ war nicht nur technisch in einem hervorragenden Zustand, sondern hatte nach 53 Jahren noch seine originale Betriebsanleitung und sein komplettes Service-Scheckheft. Beachtenswert, da sich von seinen zwei „Geschwistern“ jede Spur über die Jahrzehnte leider verloren hat. Das Zeithaus-Team sorgt dafür, dass dieses Stück schweizer Automobilgeschichte mit seiner elegant geschwungenen Form auch für die Zukunft bewahrt wird.
Links: Die erste Besitzerin des Spezial-Cabriolet posiert damit an der Villa d´este, mit dem Comer See im Hintergrund.
Rechts: 2008 kehrte das Cabriolet an denselben Ort zurück, um für einen Dreh zur Fernsehsendung „Klassik Mobil“ Modell zu stehen.
Wer das Beutler Spezial-Cabriolet in seinem aktuellen Zuhause besuchen möchte, sollte im Zeithaus vorbeischauen. Das Automobilmuseum der Autostadt beheimatet über 260 weitere automobile Persönlichkeiten, die ihre Zeit geprägt haben. Einen noch tieferen Blick in die Arbeit mit Oldtimern und den Bestand der Autostadt gibt es in der Tour durch das Depot des Zeithaus.